Du interessierst dich für den Kalligrafie-Kurs von Laudius, bist dir aber unsicher, ob er das Richtige für dich ist? So ging es mir auch. Ich hätte gerne einen Erfahrungsbericht vor der Kursbuchung gehabt. Das ist der Grund, warum ich nun selbst einen schreibe.

Es ist mittlerweile zehn Jahre her, dass ich den Kurs absolviert habe. Von wenigen Änderungen (siehe weiter unten) abgesehen, ist er aber gleich geblieben. Daher kann ich mit gutem Gewissen meine Erfahrung weitergeben.

Jede Schriftart wird Buchstabe für Buchstabe gelernt

Wie ich zu dem Kurs kam

Eine Zeit lang besuchte ich verschiedene VHS-Kurse im Kreativbereich, die ich interessant fand. Darunter war auch ein kurzer Kalligrafiekurs ( 2 x 3 Stunden). Danach konnte ich einigermaßen „Frohe Weihnachten“ in der Fraktur schreiben. Viel wichtiger war aber: ich war total angefixt. Es war der Beginn einer großen Leidenschaft und ich wollte mehr. Damals gab es nicht das vielfältige Angebot an Onlinekursen wie heute. Und Kurse in Präsenz waren sehr spezialisiert und oft übers Wochenende irgendwo in Deutschland. Bei meinen Internetsuchen bin ich immer wieder auf Laudius gestoßen. Es hat perfekt zu meinen damaligen Anforderungen gepasst und eine vergleichbare Alternative zu diesem Angebot gab es nicht. Also probierte ich es aus.

Wie der Kurs funktioniert

Kursart

Es handelt sich um einen Fernkurs, der im eigenen Tempo durchlaufen wird. Um den Kurs abzuschließen, ist Selbstdisziplin gefragt. Daher empfehle ich, in einem festen Rhythmus die Lernhefte abzuarbeiten und nur in Ausnahmefällen davon abzuweichen. Dadurch ist auch der Lerneffekt größer.

Lernmaterial

Gelernt wird mit Lernheften, die Laudius digital oder ausgedruckt zuschickt. Ich persönlich bevorzuge es, Alphabete gedruckt vor mir liegen zu haben. Daher habe ich mich für die Papierversion entschieden. Inzwischen gibt es bei dieser Variante die Lernhefte zusätzlich in Digitalform.

Zu Beginn erhältst du die Seiten für die ersten vier Wochen. In diesem Zeitraum kann jederzeit unkompliziert gekündigt werden. Das ist eine tolle Sache. So kannst du herausfinden, ob der Kurs für dich funktioniert. Allerdings muss ich sagen, dass die ersten vier Wochen inhaltlich etwas öde sind: man fängt mit der Blockschrift an. Das ist wichtig, um für den Aufbau von Buchstaben ein besseres Gefühl zu bekommen. Davon solltest du dich nicht abschrecken lassen.

Führst du den Kurs fort, werden dir päckchenweise weitere Lernhefte zugeschickt. Ich hatte Sorge, dass ich eines Tages auf dem Trockenen sitze, wenn ich mehr Lernhefte abarbeite als Laudius vorsieht. Auf Nachfrage beim Support wurden mir ganz unkompliziert alle Lernhefte auf einmal geschickt. Das ist natürlich erst nach Ablauf der Probezeit möglich. So war ich gut versorgt und für die Umwelt ist ein einzelner Versand auch besser.

Zu Beginn erhältst du außerdem ein Materialpaket, damit du gleich beginnen kannst. Bei mir waren enthalten:

  • Canson Skizzenblock: Das Papier mochte ich zum Üben sehr gerne. Als der Block leer war (lange nach dem Laudius-Kurs), habe ich ihn nachgekauft. Leider hat der Hersteller das Papier geändert, so dass Tinte jetzt darauf ausblutet.
  • Hiro Leonardt Schul- und Kunstschriftfeder-Set mit Federn und Federhaltern: Die wichtigsten Federn sind für den Anfang enthalten. So musste ich später nur zukaufen, was ich darüber hinaus brauchte.
  • Chinesische Kalligrafietusche: Diese fand ich furchtbar und für Anfänger total ungeeignet, da sie geklumpt hat. Sollte diese immer noch dabei sein, empfehle ich eine Schreibtinte von Rohrer & Klingner zu kaufen.
  • edding Kalligrafiestifte: Die Stifte habe ich nie gebraucht.

Welche Produkte heute verschickt werden, weiß ich leider nicht. Falls es jemand herausfindet, ergänze ich es gerne. Auf jeden Fall hast du damit eine gute Grundausstattung für die ersten Lektionen. Das erspart dir anfängliche Fehlkäufe. Was du für den Kursstart zudem brauchst, sind Lineal und/oder Geodreieck sowie Bleistift zum Hilfslinien ziehen. Diese sind ein Muss.

Inhalte

Auf der Webseite von Laudius steht das Inhaltsverzeichnis zum Download bereit. Es werden 14 (!) Schriften gelehrt. Zudem gibt es noch ein Lernheft zu Pinselschriften. Angenommen du arbeitest pro Woche ein Lernheft ab, hast  du für jede Schrift entweder zwei oder vier Wochen Zeit. Das reicht bei weitem nicht, um eine Schrift zu verinnerlichen. Tatsächlich konnte ich mich beim Schreiben dieses Artikels nicht mehr daran erinnern, manche überhaupt jemals geschrieben zu haben.

Was auch nur angerissen wird, sind Gestaltungselemente und Kompositionen. Klar, man experimentiert für die Hausaufgaben damit herum. Aber das kratzt nur an der Oberfläche und ist nicht Ziel des Kurses.

Der Kurs ist super, um einen Überblick über die gängigsten Schriftarten zu gewinnen. Du kannst so herausfinden, in welche Richtung du dich anschließend weiterentwickeln willst. Nehmen wir das Extrembeispiel Englische Schreibschrift (Copperplate): Es ist utopisch, diese in zwei Wochen vernünftig zu lernen. Laut meinem früheren Kalligrafielehrer werden zwei Jahre konstantes Üben benötigt, um sie zu beherrschen.

Hausaufgaben und Feedback

Zu jedem Lernheft gibt es eine Hausaufgabe. Anfangs waren das Aufgaben wie „Schreiben Sie folgende Wörter auf zwei A4-Seiten mit der Feder in Größe 2,5“. Später wird es kreativer. Du kannst eigene Texte schreiben und gestalten. Eine weitere Neuerung betrifft die Kommunikation mit der Dozentin. Als ich den Kurs durchlief, habe ich die Hausaufgaben per E-Mail an sie geschickt. Feedback kam innerhalb weniger Tage per E-Mail zurück. Inzwischen hat Laudius ein Kursforum („Online Campus“), in das die Hausaufgaben hochgeladen werden. Per E-Mail wirst du benachrichtigt, wenn neues Feedback vorhanden ist. Gut finde ich auch, dass sich Kursteilnehmer:innen untereinander in diesem Forum austauschen können. Das hätte ich auch gerne gehabt. Trotzdem war ich zufrieden. Obwohl mir die Dozentin beim Schreiben nicht über die Schulter schauen konnte, war das Feedback hilfreich. Anhand meiner Schrift erkannte sie Fehler und korrigierte mich entsprechend.

Was Feedback angeht, sind Präsenzkurse unschlagbar. Aber dieser Fernkurs ist besser als alle Onlineangebote, bei denen niemand auf die eigenen Arbeiten schaut.

Zeitlicher Rahmen

Die Regelstudienzeit beträgt 12 Monate und kann um weitere 36 Monate verlängert werden. Ich habe damals ca. 16 Monate gebraucht – trotz einiger privater und beruflicher Turbulenzen. Leider kann ich heute nicht mehr sagen, wie viel Zeit ich pro Woche in den Kurs investiert habe. Laudius gibt fünf Stunden an, wenn der Kurs in 12 Monaten durchlaufen werden soll. Mehr waren es bei mir auf keinen Fall. Im Laufe des Kurses eher weniger: mir fiel es immer leichter, neue Schriften zu lernen, da ich irgendwann wusste, worauf ich zu achten habe. Davon profitiere ich bis heute.

Zusammenfassung

Würde mich jemand fragen, ob ich den Kurs empfehlen kann, wäre meine Antwort: „Es kommt drauf an.“

Der Kurs richtet sich aus meiner Sicht an Anfänger:innen, die erstmal einen umfassenden Überblick über verschiedene Schriften wollen, bevor sie sich für eine Richtung entscheiden. Das konstante Feedback und die Möglichkeit, Fragen zu stellen, sind sehr positiv. Vor allem in der Anfangszeit ist es wichtig, dass man sich gar nicht erst Fehler antrainiert. Auch gut finde ich, dass es ein eigenes Forum zum Austausch mit anderen gibt. Mich nerven (teils hochpreisige) Kurse, deren Kommunikation über eine Facebook Gruppe stattfindet. Entweder legt man sich einen Facebook Account an – oder man bleibt außen vor.

Da das Lernmaterial anscheinend in den letzten zehn Jahren gleich geblieben ist, könnte es aus meiner Sicht aufgefrischt und erweitert werden. Vorgefertigte Hilfslinienblätter zum Unterlegen wären eine hilfreiche Ergänzung. Oder kleine Videos, die die richtige Federhaltung zeigen, wenn eine neue Feder vorgestellt wird. Auch wäre ein Kapitel zu Brush Pens inklusive einer passenden Schrift zeitgemäß.

Kurz gesagt: für einen umfangreichen Überblick ist der Kurs sehr gut geeignet. Ein vergleichbares Angebot habe ich bis heute nicht gesehen. Wenn du bereits weißt, was du lernen willst, eignet sich ein spezialisierter Kurs besser.

Positiv

  • Für Anfänger:innen perfekt geeignet
  • Verschafft einen guten Gesamtüberblick über gängige Schriftarten
  • Persönliches Feedback durch eine erfahrene Kalligrafin
  • Kommunikation über eigenes Forum
  • Austausch mit anderen Teilnehmer:innen
  • Material für den Einstieg ist inklusive
  • Vier Wochen kostenlos testen
  • Sehr guter Kundenservice

Negativ

  • Die Schriftarten werden nur angerissen und nicht vertieft
  • Wenige Inhalte zu Komposition und Gestaltung
  • Man sieht die Dozentin nicht beim Schreiben
  • Erfordert Selbstdisziplin

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