Aller Anfang ist schwer
Dass mein Skizzenbuch ein fester Begleiter ist, war nicht immer so. Im Gegenteil, der Anfang unserer Beziehung war holprig. Vor ein paar Jahren beschloss ich, ein Skizzenbuch zu kaufen. Ich hatte zu dem Zeitpunkt noch keine konkrete Vorstellung, wofür ich es nutzen will. Bis dahin hatte ich immer auf losen Blättern gearbeitet. Manche hängen gerahmt an der Wand, die meisten verschwanden in der Schublade. Der Auslöser war vermutlich, dass ich irgendwo gelesen hatte, wie hilfreich ein Skizzenbuch für die Weiterentwicklung ist. Warum es das wirklich ist, kannst du hier nachlesen. 😉
So ging ich in meinen Künstlerbedarfsladen und suchte mir aus dem riesigen Angebot eines aus. Ich nahm es mit nach Hause und da lag es dann über Monate. Bis auf ein paar Kursnotizen und Farbtests blieb es leer. Warum war das so?
Ich hatte Angst. Angst vor den leeren Seiten. Angst, das schöne gebundene Buch mit krummen Skizzen und wackliger Schrift zu verschandeln. Außerdem hatte ich keine Ahnung, wofür ich es nutzen will.
Die ersten Schritte
Geändert hat sich meine Situation erst, als ich richtig genervt war. Genervt, weil meine wichtigsten Kalligrafie-Informationen über verschiedene Ordner, Hefte und Bücher verteilt waren. Es hat mich jedes Mal so viel Zeit gekostet, Hilfslinienabstände, Schriftbilder oder Papiereigenschaften nachzuschlagen. Ich wollte endlich alles an einem Ort zusammengefasst haben. Und da fiel mir mein Skizzenbuch wieder ein. Mit dem Ziel „Kalligrafie-Kompendium“ verschwand die Angst vor den leeren Seiten. Jetzt hatte ich fürs Erste genügend Ideen. Und mit dem Erstellen dieser Seiten verschwand nach und nach die Angst vor dem „Verschandeln“. Nicht jede Seite ist ein Meisterwerk, aber das muss sie auch nicht sein. Die Information steht im Vordergrund und mit der Übung kommt die Selbstsicherheit für bessere Seiten.
Der Weg zur Routine
Damit war der Anfang gemacht. Aber wie wird eine Routine daraus? Mein größtes Problem war immer noch, dass ich im Skizzenbuch wie für meine gerahmten Bilder vorging: ich wollte zu Beginn bereits eine Vorstellung vom fertigen Ergebnis haben. Das lähmte mich. Insbesondere, da ich erst abends Zeit für mich habe und dann oft müde bin. Der Knoten ist erst geplatzt, als ich diesen Ansatz aufgegeben habe. Nun setze ich mich an den Schreibtisch ohne eine Idee zu haben. Ich schlage eine neue Seite in meinem Skizzenbuch auf und überlege, was ich machen möchte. Das ist oft etwas Kleines, wie z. B. eine Farbe ausprobieren. Ausgehend vom Kleinen ergibt sich der Rest. Übrigens höre ich inzwischen gerne Podcasts dabei. Das verhindert, dass ich zu viel nachdenke.
Ich habe nicht den Anspruch, jeden Tag in meinem Skizzenbuch zu arbeiten. Mein Ziel war es, mehrmals die Woche kreativ tätig zu werden. Zur Motivation habe ich das in meinem Bullet Journal nachverfolgt. Nach rund zwei Monaten war es bereits so zur Routine geworden, dass ich das nicht mehr brauche. Spätestens nach ein paar Tagen Pause fehlt mir mein Skizzenbuch und ich freue mich darauf, damit etwas zu machen.
5 Schritte zur eigenen Skizzenbuch-Routine
- Besiege die Angst vor der allerersten Seite. Wie? Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten:
- Fange weiter hinten im Buch an und gestalte die erste Seite, wenn du dich sicherer fühlst.
- Stemple ein Datum auf die erste Seite. Oder einen Titel.
- Skizziere die Utensilien, mit denen du im Skizzenbuch arbeiten willst.
- Suche dir für den Anfang ein Thema aus, zu dem dir auf Anhieb viel einfällt und das dich begeistert. Bringe die ersten Ideen zu Papier. Das nimmt dir die Angst vor den leeren Seiten.
Themen-Inspirationen:- Gegenstände skizzieren, die du untertags in der Hand hattest
- Buchstaben des Alphabets in verschiedenen Schriften schreiben
- Buchstaben oder einzelne Wörter schnörkeln
- Zu jedem Buchstaben des Alphabets einen Gegenstand skizzieren, der damit anfängt
- Gelesene Bücher dokumentieren
- Anfangssätze aller Kapitel aus deinem Lieblingsbuch schreiben
- Gartenkräuter skizzieren
- Nähutensilien katalogisieren
- Spielzeuge der Kinder skizzieren
- Bestimme regelmäßige Zeiten, zu denen du im Skizzenbuch arbeiten willst. Was passt zu dir und deinem Leben? Regelmäßig muss nicht bedeuten, dass es stets zur gleichen Zeit am gleichen Tag der Woche ist. Es kann aber, wenn dir feste Termine helfen. Es gibt kein richtig oder falsch. Nur regelmäßig sollte es sein.
- Schnappe dir dein Skizzenbuch. Wenn es dich entspannt, höre Musik oder Podcasts dabei. Suche dir einen Ausgangspunkt und beginne damit. Vielleicht hast du bereits eine Liste mit Dingen, die du ausprobieren willst. Oder du hast dir Pinterest-Pins oder Instagram-Posts gemerkt.
Weitere Ideen:- Eine Farbe testen
- Eine Technik ausprobieren
- Stift, Feder oder ein anderes Werkzeug testen
- Etwas aus dem Alltag dokumentieren: ein Einkauf, ein Buch zu Ende gelesen, eine Tätigkeit
- Ein Zitat aus einem Buch
- Mit Formatierungen spielen: Rahmen, Farbblöcke, Text in einer Form
- Wenn du weißt, mit was du beginnen willst, starte den Entdeckermodus in dir. Hilfreiche Fragen sind: „Was passiert, wenn ich das mache?“ oder „Was passiert, wenn ich X mit Y kombiniere?“ Du wirst sehen: die Seite füllt sich fast von alleine. Und wenn nicht, lasse das Buch bis zum nächsten Mal liegen. Mit frischem Blick darauf werden dir weitere Ideen kommen.
Und zuletzt noch ein weiterer Tipp: Es ist dein Buch. Du entscheidest darüber, ob du es jemanden zeigst und falls ja, wem und was davon. Wenn du darin arbeitest, konzentriere dich auf die Freude, die du beim Malen, Skizzieren, Schreiben hast. Und ignoriere die Gedanken darüber, wie du die Seiten jemanden zeigst oder auf Social Media veröffentlichst. Das nimmt ganz viel Druck raus.
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