Lange habe ich mich um das Schreiben mit der Spitzfeder gedrückt. Warum? Ich habe immer wieder gehört und gelesen, wie schwer Spitzfederkalligrafie zu erlernen sei. Dass es zwei Jahre konstantes Üben erfordere, die Englische Schreibschrift zu beherrschen. Das hat mich zugegebenermaßen eingeschüchtert. Und es stimmt: die flexible Spitzfeder erfordert mehr Übung als die feste Bandzugfeder. Die gute Nachricht ist, dass das kein Grund ist, sich abschrecken zu lassen. Wenn dir die Schriften gefallen, die mit der Spitzfeder geschrieben werden, gib der Feder und dir eine Chance.
Was ist Spitzfederkalligrafie?
Englische Schreibschrift, Copperplate, Modern Calligraphy… Es gibt einige Begriffe, die rund um das Thema Spitzfeder kursieren. Beginnen wir mit dem Überbegriff „Spitzfederkalligrafie“. Dieser umschreibt allgemein das Schreiben mit der Spitzfeder – erstmal unabhängig von der Schriftart. Durch unterschiedlichen Druck auf die Feder kannst du sowohl filigrane als auch breite Linien schreiben, wodurch ein sehr elegantes und anspruchsvolles Schriftbild entsteht. Häufig begegnen uns solche Schriften auf Einladungen, Urkunden und anderen offiziellen Dokumenten.
Mit der Spitzfeder kannst du verschiedene Schriftarten schreiben. Die Englische Schreibschrift (engl. Copperplate) ist vermutlich die bekannteste unter ihnen. Sie ist eine traditionelle Schrift, die klaren Regeln folgt und wie eingangs erwähnt einiges an Übung für ein gleichmäßiges Schriftbild erfordert. Eine weitere traditionelle Schriftart ist die Spencerian.
Aus der Englischen Schreibschrift hat sich die moderne Kalligrafie (engl. Modern Calligraphy) entwickelt. Diese basiert weiterhin auf den Regeln ihres Vorbilds, lässt aber mehr Freiraum für einen eigenen Stil und Spielereien mit den Buchstaben. Schriften im modernen Stil wirken lockerer im Vergleich zu den formellen Schriften.
Erwähnenswert ist auch die Kurrent, eine Variante der Deutschen Schreibschrift, die lange Zeit mit der Spitzfeder geschrieben wurde. Sie war von etwa 1500 bis in die 1920er im Einsatz, weshalb es sehr viele historische Dokumente mit ihr gibt. Mir gefällt ihre Ästhetik sehr. Leider können immer weniger Leute sie lesen und schreiben.
Spitzfederkalligrafie lernen
Wenn du das Schreiben mit der Spitzfeder lernen willst, empfehle ich dir, dass du dir den richtigen Umgang mit der Feder zeigen lässt anstatt ausschließlich aus einem Buch zu lernen. Es gibt zu Beginn einiges zu beachten:
- Ein Überblick über die gängigsten Spitzfedern und welche besonders gut für Anfänger:innen geeignet sind
- Die Wahl des richtigen (Übungs-)Papiers, damit du bei den Aufstrichen nicht mit der Feder stecken bleibst
- Das Vorbereiten der Feder vor dem ersten Schreiben
- Das Einsetzen der Feder in den Federhalter
- Der richtige Schreibwinkel und wie du am besten deine Hand und das Papier hältst
Der Einstieg wird dir leichter gelingen, wenn du dabei an die Hand genommen wirst. Ein Präsenzkurs ist immer eine gute Wahl. Wenn dir das aus zeitlichen oder anderen Gründen nicht möglich ist, empfehle ich einen Onlinekurs, entweder live oder mit Videos. Die Vor- und Nachteile der verschiedenen Kursformate kannst du in einem anderen Blogartikel nachlesen. Wenn du die Grundlagen beherrschst, gibt es gute Bücher, die dir beim Vertiefen deiner Kenntnisse weiterhelfen.
Kurse und Bücher
Im folgenden liste ich einige Ressourcen auf, mit denen ich den Umgang mit der Spitzfeder gelernt habe. Es sind persönliche Empfehlungen und weder bezahlte Werbung noch ein vollständiger Überblick der am Markt befindlichen Angebote.
Präsenzkurse
Da ich selbst keinen Präsenzkurs für die Spitzfeder besucht habe, kann ich leider auch keine Empfehlung aussprechen. Kurse kannst du entweder über die zwei Magazine Ars Scribendi und Handschrift finden oder über die Webseiten einzelner Kalligraf:innen.
Live Onlinekurse
Bisher gute Erfahrungen habe ich bei der englischsprachigen Lernplattform „Learn Calligraphy“ von Kestrel Montes gemacht. Dort werden immer wieder Einstiegskurse für die Englische Schreibschrift, Moderne Kalligrafie oder weitere Spitzfederkurse angeboten.
Deutschsprachige Kurse gibt es wie auch die Präsenzkurse über die oben genannten Quellen.
Videokurse
Mein Einstieg in die Kalligrafie mit der Spitzfeder war der Videokurs von Natascha Safarik alias Tintenfuchs. Meine Erfahrung habe ich in einem separaten Artikel zusammengefasst.
Von Sarah Richardson habe ich einen englischsprachigen Flourishing Kurs absolviert. Sie bietet auch einen Copperplate Kurs für Anfänger:innen an. Allerdings ist die Anmeldung für die Kurse nur immer kurze Zeit geöffnet. Am besten erfährst du über ihren Instagram-Account, wann es soweit ist.
Bücher
Als Ergänzung zu Nataschas Videokurs habe ich mir ihr Buch „Moderne Kalligrafie von A bis Z“ geholt. Zum Nachschlagen bevorzuge ich Bücher gegenüber Videolektionen. Darin sind die Inhalte des Videokurses und noch einige Ergänzungen wie weitere Varianten. Leider gibt es das Buch nur noch antiquarisch, da der Verlag keine Neuauflage herausgebracht hat.
Sehr gut empfehlen kann ich das Buch „Spitzfederkalligrafie“ von Stefanie Weigele, das ich mir zur Vertiefung des Themas gekauft habe. Darin sind die einzelnen Buchstaben sehr detailliert beschrieben und es gibt ergänzende Informationen zu Layouts und Verzierungen.
Ein Buch-Klassiker für die Copperplate ist das englischsprachige Buch „Mastering Copperplate Calligraphy (Lettering, Calligraphy, Typography): A Step-By-Step Manual“ von Eleanor Winters. Es vermittelt die formelle Schrift Schritt für Schritt auf verständliche Weise.
2 Kommentare
Das Buch von Stefanie Weigele kenne ich noch gar nicht! Danke für den Tipp!
Ich habe mich immer noch nicht an die Spitzfeder getraut. Vielen Dank für die erneute Ermutigung!
Das Buch ist wirklich toll. Ich will dazu auch bald einen Artikel schreiben.